Dienstag, 7. Mai 2013

Mitgefühl*

Ich will hinter eure Fassade schauen. Und hinter die Fassade, die unter der Fassade ist.
Durch euren Schutzmantel schauen in euer Herz, wo ihr sonst nicht einmal euch selbst Einblick gewährt. Ich werde das Gesehene gut aufheben, in mir, dort wird es sicher sein.
Ich will euch verstehen, wissen was euch bewegt, was euer Antrieb ist zu handeln - anders als ich.
Ich will Anteil haben an dem, was ihr fühlt, an jenen Emotionen, die so tief sind, dass ihr sie selbst kaum spüren könnt. 

Viele Menschen scheinen so gut integriert, so selbstbewusst und sicher, stark und bedürfnislos. Sie leben das Leben einer Konsum- und Partygesellschaft, wie aus dem Bilderbuch. Sie scheinen darin regelrecht aufzugehen und oft wenn ich das beobachte, frage ich mich selbst - da ich doch so anders denke - ob ich nicht vieles verpasse, denn sie scheinen doch so zufrieden mit sich und ihrem Leben, so stark und sicher.
(Tatsächlich verpasse ich all diese Dinge, doch welchen Wert haben sie schon.)

Ich blicke in eure Gesichter, die doch eigentlich so zufrieden und ruhig sein müssten, doch ich sehe überall die gleiche Leere, sehe die gleiche Verunsicherung, die gleiche Einsamkeit und die gleiche Sehnsucht danach, wirklich geliebt zu werden.

Doch gerade dieser Schmerz und diese Verletzlichkeit machen es mir möglich, euch zu lieben. Euch zu lieben, obwohl ihr völlig anders seid. Obwohl ich vieles nicht verstehen und nachvollziehen kann. Obwohl ihr mir so fremd seid.
Denn wenn ich es schaffe, hinter eure Fassade zu blicken und dort diese Gefühle entdecke - dann seid ihr menschlich, dann seid ihr mir nicht mehr fremd, dann fühle ich mit euch. Und so kann ich euch doch lieben.
Weil wir alle Menschen sind, gleich gut oder schlecht.

*Das nicht zu verwechseln ist mit "Mitleid"

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